
Einschätzung der Lage in der DDR durch Erich Mielke (Oktober 1989)

Erich Mielke stellt fest, dass die elektronischen Medien des Gegners und innere feindliche oppositionelle Kräfte Einfluss erlangten. Die politische Meinungsbildung und Haltung in einigen Bereichen und Territorien wurden immer stärker von diesen Eingriffen erfasst.

Erich Mielke verweist auf Berichte anderer Politbüro-Mitglieder und stellt fest, dass der Gegner in seinen groß angelegten Kampagnen und Einmischungspraktiken im Zusammenhang mit der dadurch ausgelösten Fluchtwelle und den Botschaftsbesetzungen, mit seiner Reformdemagogie und dem Geschrei nach Wiedervereinigung bei einer erheblichen Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern der DDR Wirkung erzielt hat. (Dieses Erzielen der Wirkung setzte sich bis zum Ende der DDR fort. P.R.)
Der Gegner glaubte, mit dem 40. Jahrestag der DDR den geeigneten Zeitpunkt gefunden zu haben, um durch Aufgreifen und Hochspielen der sich im Inneren angehäuften Probleme und die ungenügende politische Reaktion darauf Zweifel am Sozialismus und seiner Perspektive zu erzeugen, Menschen zu irritieren und gegen die Ordnung der DDR auf die Straße zu bringen. (Erich Mielke erkennt die ungenügende politische Reaktion auf die inneren Probleme der DDR. Dabei bleibt es aber. So ist das Kalkül des Gegners, das Erich Mielke richtig einschätzte, erfolgreich gewesen. P.R.)

Erich Mielke berichtet, dass der Gegner die Zeit für gekommen hielt, seinen strategischen Plan gegen die DDR in die Tat umzusetzen. Die Entwicklung bestätigte, dass dieser damit große Wirkung erzielt hat, dass ihm ein nicht zu übersehender, nicht ernst genug einzuschätzender Einbruch gelungen ist. Deutlicher als je zuvor hat sich bestätigt, dass es nicht nur um Destabilisierung, sondern um die Beseitigung der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der DDR geht.
Erich Mielke sieht, dass gleichzeitig mit hasserfüllten Kampagnen von den seinerzeitigen Hauptfragen, wie den Kampf um Frieden, internationale Sicherheit und Abrüstung, aber auch vom Anwachsen der Rechtsentwicklung, dem Vormarsch der Neonazis und, wie Mielke es ausdrückte, von der Reformbedürftigkeit in der BRD abgelenkt werden sollte. (Heute wissen wir, dass der Begriff „Reform“ eine negative Bedeutung hat. „Reform“ bedeutet Sozialabbau, Abbau von Rechten der arbeitenden Menschen u.ä. Reform hat nichts mehr mit Fortschritt zu tun, wie es mal ursprünglich war. P.R.)

Auf dieser Welle der Hetz- und Verleumdungskampagnen, der kaum noch zu überbietenden Verschärfung des Kalten Krieges gegen die DDR und die von Erich Mielke angesprochenen inneren Probleme, fühlten sich feindliche, oppositionelle Kräfte ermuntert. Ihnen ist es gelungen, ihre bisherige gesellschaftliche Isolierung zu durchbrechen und wachsenden Einfluss in der Bevölkerung zu erzielen. Das betrifft insbesondere Teile der wissenschaftlich-technischen, medizinischen und pädagogischen Intelligenz, Kunst- und Kulturschaffende, Studenten und Studentinnen, andere Jugendliche sowie Mitglieder befreundeter Parteien und Personen im kirchlichen Bereich. (Die Blockparteien der DDR sind in der CDU und FDP der BRD aufgegangen, die Kirchen waren mehrheitlich an der Konterrevolution beteiligt und stellten ihre Logistik zur Verfügung. P.R.)

Zum Thema Montagsdemonstrationen berichtete Erich Mielke, von einer Montagsdemonstration in Leipzig und anderen Städten, wo Zehntausende auf die Straße gingen. Er berichtete außerdem, dass sich die Zahl der Orte, wo es zu Demonstrationen kam, fast täglich erweiterte. Die bislang unberührten Nordbezirke wurden nun auch davon erfasst. Die damit verbundenen großen Gefahren für erneute Konfrontationen, für die Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit waren keineswegs beseitigt. So konnte Erich Mielke nicht sagen, wie sich die Lage am damaligen Zeitpunkt kommenden Montag entwickeln wird.
Im Original-Dokument wird der nächste Abschnitt unkenntlich gemacht.

Erich Mielke erklärt, dass es für das MfS wichtig ist, dass klassenbewusste Arbeiter, Funktionäre aus Staat und Wirtschaft, nicht wenige Geistesschaffende und andere staatsbewusste Bürgerinnen und Bürger sich sehr nachhaltig für die Sicherung von Ruhe und Ordnung, für den Schutz der Errungenschaften der DDR und friedliche Arbeit ausgesprochen haben. Sie sollen als Verbündete im Kampf für Sicherheit und Ordnung gewonnen und mobilisiert werden.

Das MfS muss die Partei (SED P.R.) informieren, wer für diese Aufgabe gewonnen werden kann und bereit ist zur Beruhigung der Lage beizutragen. Das können auch kirchenleitende Kräfte sein. Auch vernünftige Kräfte aus den feindlich-oppositionellen Gruppierungen, aber auch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sein, die tatsächlich den entsprechenden Einfluss haben.

Als außerordentlich wichtig schätzte Erich Mielke ein, dass eine stabile politische Lage in den Kombinaten und Betrieben gewährleistet werden musste. Er stellt fest, dass die massiven feindlichen Kampagnen des Gegners, bzw. der oppositionellen Gruppen zu keinen größeren Einbrüchen in der Arbeiterklasse und in den Betrieben geführt haben.

Allerdings weist Erich Mielke darauf hin, dass trotz Gesprächen, die hohe Politiker mit Arbeitskollektiven geführt haben, in breiten Kreisen der Arbeiterklasse große Unzufriedenheit über anstehende, nicht gelöste Probleme herrscht.
Erich Mielke regt an, dass vor allem zu analysieren ist, auf welchen Problemkreis sich die Unzufriedenheit auf den jeweiligen Betrieb als auch auf die gesamte Gesellschaft konzentrieren.
Der nächste Abschnitt ist im Original-Dokument wieder unkenntlich gemacht worden.

Nochmals weist Erich Mielke darauf hin, dass eine politisch stabile Lage in der Arbeiterklasse und hohe ökonomische Leistungen in den Kombinaten und Betrieben von Nöten sind.
Nun spricht Erich Mielke das Problemfeld der gegnerischen Angriffe auf das MfS an. Er erklärt, dass die gegnerischen Kräfte auch versuchen z.B. Künstler und Kulturschaffende einzubeziehen.
Als äußerer Anlass dient besonders das Vorgehen gemeinsam mit der Volkspolizei und anderen gesellschaftlichen Kräften die Störungen der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR (die unbewusste Abschiedsfeier P.R.) zu verhindern und die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten.
Erich Mielke erkennt, dass es den gegnerischen Kräften nicht nur um die Störung der Feierlichkeiten ging. Sie wollten das entschlossene Handeln für die Erhaltung der Staatsmacht diffamieren und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zum MfS erschüttern. (Das ist ja letztendlich gelungen. P.R.)

Davon zeugen auch die provokatorischen Forderungen und Losungen bei Veranstaltungen dieser Kräfte, bei Demonstrationen, besonders der in der Nähe der Dienstobjekte des MfS, anonymen Gewaltandrohungen gegen die Objekte des MfS und die Mitarbeitenden und anderes mehr.
Das hinterlässt doch bestimmte Wirkungen, zumal das MfS zurückhaltend darauf reagiert hat und nicht so geantwortet hat, wie es diese gegnerischen Kräfte eigentlich verdient hätten. Deshalb hielt es Erich Mielke für wichtig, dass alles unternommen wird, mit solchen Handlungen auftretende Personen zu erkennen, sie sorgfältig zu erfassen und zugriffsbereit zu halten.
(Man reagierte zu gutmütig auf diese gegnerischen Kräfte. Es erfolgte dann der „Sturm“ auf das MfS. P.R.)

Entnommen aus der Themenmappe „Die Stasi und die friedliche Revolution“, Herausgeber Bundesarchiv – Stasi-Unterlagen-Archiv, Power Point-Vortrag erstellt von Petra Reichel
https://www.bundesarchiv.de/publikationen/publikation/die-stasi-in-der-friedlichen-revolution/
Bildnachweise 1

Bildnachweise 2

Bildnachweise:

Erich Mielke Bild entnommen aus dem Buch „Sozialismus und Frieden – Sinn unseres Kampfes“. Ausgewählte Reden und Aufsätze von Erich Mielke, Dietz Verlag Berlin 1987

Forschung und Lehre – Hoher TV-Konsum schadet verbalem Gedächtnis
https://www.forschung-und-lehre.de/forschung/hoher-tv-konsum-schadet-verbalem-gedaechtnis-1687

Tagesspiegel https://www.tagesspiegel.de/wissen/heute-vor-129-jahren-wer-hat-das-radio-denn-nun-erfunden-10297246.html



DEKRA Arbeit Gruppe https://www.dekra-arbeit.de/stellenmarkt/produktionsmitarbeiter-job-in-neuruppin/4011879710
Power Pont-Vortrag im PDF-Format zur besseren Lesbarkeit und Download
Original-Dokument entnommen aus der Broschüre: „Die Stasi in der Friedlichen Revolution“, herausgegeben vom Bundesarchiv-Stasi-Unterlagen-Archiv

Siehe auch: Anweisung von Erich Mielke zur Sicherung der Dienstobjekte des MfS (31. Oktober 1989)

Siehe auch: Erich Mielke übersieht den Beginn der Konterrevolution

























































